Mit dem Dialogformat «Ideenmaschinerie» konnte das «Altstadtlabor» der Stadt Altstätten die Bedürfnisse an die Angebote der Altstadt interaktiv und im Dialog mit der Bevölkerung evaluieren. Im Interview mit Miro Hegnauer, CEO bei Konova, gibt die Projektverantwortliche Astrid Dörig Auskunft zum innovativen Vorgehen und spricht über die Erfahrungen.

Was ist das Altstadtlabor und was ist Ihre Rolle?

Das Altstadtlabor ist eine niederschwellige Denkwerkstatt im Herzen und Auftrag der Stadt Altstätten und ist als Pilotprojekt für die Altstadtentwicklung zuständig. Themen wie Nutzungsimpulse für Ladenflächen schaffen, eine lebendige Kommunikation zelebrieren, Partizipation und Koordinationsstelle zur Bevölkerung bilden und grüne Begegnungszonen schaffen, gehören in die Aufgabenbereiche des Altstadtlabors.

Warum wurde die «Ideenmaschinerie» entwickelt?

Mit der Ideenmaschinerie wurden Ideen und die Meinung der Bevölkerung abgeholt: Welche Ladennutzungen wünscht man sich im Städtli? Sie diente dazu, Angebot und Nachfrage zu eruieren, um danach mögliche Betreiber*innen zu akquirieren.

Ausserdem konnte die Ideenmaschinerie optimal als Marktforschungstool verwendet werden. Ideen, die schon länger in der Altstadtkommission herumgeschwirrt sind, konnten so «durch die Maschinerie gelassen» und getestet werden.

Wie läuft der Prozess ab?

Die Ideenmaschinerie war hybrid: Mit der Raketenbahn konnten vor Ort Ideen aufgezeichnet und aufgeschrieben werden und mit der Rakete dann ins Universum geschossen werden.

Parallel dazu konnten die Ideen digital über die E-Mitwirkungsplattform von Konova erfasst werden. So war eine orts- und zeitunabhängige Teilnahme möglich. Auf der Plattform war auch ein Voting der Ideen möglich. Denn nur, wenn eine Idee viele Stimmen erhält, scheint sie von einer breiten Gruppe abgestützt zu sein.

Ziel war es, möglichst niederschwellig, alle zum Mitmachen zu motivieren. Durch die Raketenbahn konnten auch die Meinungen von Kindern und Jugendlichen eingefangen werden, welche sonst eher schwierig zu erreichen sind

Warum wurde ein partizipativer Ansatz gewählt?

Die kollektive Intelligenz und die Meinung der Bevölkerung bilden die Grundlage, eine Stadt entwickeln zu können. Die Einwohner*innen und die Besucher*innen einer Stadt als Expert*innen zu betrachten, ist die Basis für eine breit abgestützte und zukunftsfähige Stadtentwicklung.

Um die Ladenflächen bedürfnisgerecht zu befüllen, muss das Bedürfnis zuerst erfasst werden. Ausserdem ist es schliesslich die Bevölkerung, die vom Angebot auch Gebrauch machen soll und muss, sonst haben die besten Ideen keine grosse Zukunft.

Ausserdem war es sehr spannend zu erfahren, welche Bedürfnisse zum Teil versteckt hinter den genannten Ideen liegen. Dies hat mir dann zum Beispiel aufgezeigt, dass es in unserem Städtli praktisch kein Angebot und keine Aufenthaltsräume für die Jugendlichen gibt. Die Nähe zum Volk ist enorm wichtig, um ein Gefühl der aktuellen Stimmung und Positionierung zu erhalten.

Oftmals besteht bei Partizipation die Herausforderung, die Anspruchsgruppen genügend breit und ausreichend zu erreichen. Wie wurde diese Herausforderung angegangen?

Einerseits war die Raketenbahn ein hilfreiches Tool, die Ideensuche auf eine spielerische Art und Weise schmackhaft zu machen. Andererseits wurde darauf geachtet, dass die Ideensuche auf allen Kanälen verbreitet wurde (Zeitung, Flyer, Schulen, Strassenumfrage, Instagram, Tiktok, LinkedIn).

Mit der E-Mitwirkung konnten wir die Ideensammlung interaktiv, zeit- und ortsunabhängig sowie effizient umsetzen.

Astrid Dörig
Altstadtkoordinatorin, Stadt Altstätten
Astrid Dörig

Die E-Mitwirkungsplattform dient als zentraler Ort für die Ideensammlung und die Abstimmung. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile einer digitalen Mitwirkungsplattform?

Dank der digitalen Ideenmaschinerie, welche auf der E-Mitwirkungsplattform von Konova aufgebaut wurde, konnte bei der Ideensuche rund um die Uhr und ortsunabhängig mitgemacht werden. Die digitale Plattform ist transparent und interaktiv (Kommentarfunktion). Durch die Benutzerfreundlichkeit konnte man der Ideensuche auch mit weniger guten Computerkenntnissen beiwohnen.

Ein wichtiges Learning aber war, dass die Plattform kuratiert und regelmässig geordnet werden musste, da sie sonst schnell unübersichtlich werden kann.

Im Rahmen des Vorhabens wurde bewusst auf eine ansprechende, niederschwellige Kommunikation gesetzt. Warum ist dies aus Ihrer Sicht wichtig?

Es war mir besonders wichtig, dass möglichst alle Altersgruppen sowie sozialen Schichten bei der Ideensuche vertreten sind. Es interessieren sich nicht alle für die Politik und schon gar nicht für die politischen Abläufe. So war es auch für mich auf der Strasse eine gute Übung, den Auftrag in zwei Sätzen erklären zu können. Ausserdem schreckte es viele Besucher*innen ab, wenn sie das Gefühl hatten, der Auftrag sei kompliziert. Schlussendlich muss ein Kind die Aufgabenstellung verstehen können, dann ist sie gut.

Mit der Schnelligkeit von heute zeigte die Erfahrung ein weiteres Mal, dass die Teilnehmer*innen nicht lesen. Obwohl wir auf der Website den ganzen Ablauf dokumentiert haben und Untergruppen erstellt haben, scheinen die wenigsten den Auftrag genau durchgelesen zu haben, weshalb die Ideensuche dann immer wieder geordnet werden musste.

Welche drei Tipps würden Sie anderen Organisationen geben, die ebenfalls einen partizipativen Prozess mit der Bevölkerung starten möchte?

  • Bespielen Sie mehrere und die richtigen Kanäle, um die gewünschte Bevölkerung zu erreichen.
  • Erstellen Sie eine Fragestellung, die ein 5-jähriges Kind verstehen kann.
  • Kuratieren Sie die Plattform gut, im besten Fall mit den neuen Zusatzmöglichkeiten, die demnächst in der E-Mitwirkung erscheinen.
  • Seien Sie vorbereitet, wenn Unvorhergesehenes passiert. Darauf muss man reagieren können.

Vielen Dank für das Interview und die Tatkraft, neue Wege im Bereich der Angebotsevaluation zu gehen.

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