Städte und Gemeinden setzen im Rahmen ihrer Smart-City-, Smart-Village- oder Smart-Region-Aktivitäten immer mehr auch auf E-Partizipation. Damit erleichtern sie den Zugang zur politischen Beteiligung, gestalten Verwaltungsprozesse effizienter und stärken den Dialog unter der Bevölkerung.

Unter dem Begriff «Smart City» versteht man einen Ansatz, bei dem Behörden und Verwaltungen digitale Hilfsmittel nutzen, um ihre Städte und Gemeinden effizienter, fortschrittlicher, ökologischer und sozial inklusiver zu gestalten. In der Schweiz haben bereits zahlreiche Städte und Gemeinden eine entsprechende Strategie oder Smart-City-Ziele erarbeitet und Massnahmen umgesetzt. Andere sind zurzeit daran, ihre Strategien zu entwickeln – häufig abgestützt auf die Legislaturziele der Regierung.

Eine wichtige Rolle spielt dabei der Einbezug der Bevölkerung in die politischen Prozesse. Für die Behörden ist es ein strategisches Anliegen, der Bevölkerung einen einfachen Zugang zur politischen Beteiligung zu bieten, sowie den Dialog zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen und mit der Verwaltung zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen die eigenen Ressourcen schonend eingesetzt werden. Aufwendige Mitwirkungs- und Beteiligungsprozesse sind mit digitalen Hilfsmitteln effizient und effektiv zu gestalten.

Engagierte Menschen, ob jung oder alt, sind das Fundament von Smart Cities. Wir müssen sie einladen, sich einfach beteiligen zu können.

Benjamin Szemkus
Projektleiter Smart City Schweiz und Geschäftsleiter Smart City Hub Switzerland
Benjamin Szemkus

Den Nutzen von Bürgerbeteiligung sieht auch Benjamin Szemkus. Der Smart City Experte ist bei EnergieSchweiz für den Bereich Smart City verantwortlich und ist Geschäftsleiter des Verbands «Smart City Hub Switzerland», der Gemeinde und Städte untereinander vernetzt und Smart City Projekte vorantreibt. «Ob ein neuer Begegnungsraum, eine Ladesäule in der Quartierstrasse, breitere Trottoirs, lärmärmere Strassenbeläge, neue Arbeitsformen im Betrieb oder ein smart gesteuertes Schulhaus – es gibt einen riesigen Schatz an Ideen, die sich gemeinsam mit der Bevölkerung vor Ort erschliessen lassen.»

Digitale Mitwirkungsplattformen: Erfahrungen aus der Praxis

Um diese Ziele zu erreichen, setzen Verwaltungen vermehrt auf digitale Mitwirkungsplattformen. Über eine Online-Plattform können Verwaltungen digitale Beteiligungsprozesse zu politischen Vorhaben aufsetzen und die verschiedenen Anspruchsgruppen digital in die politischen Entscheidungsprozesse einbeziehen, was den direkten Austausch ermöglicht.

Worauf ist beim Aufbau einer digitalen Mitwirkungsplattform zu achten?

Miro Hegnauer ist Gründer und CEO der Konova AG in Zug. Sein Unternehmen hat die digitale Gesamtlösung «E-Mitwirkung» entwickelt. Miro Hegnauer befasst sich seit Jahren intensiv mit den Themen E-Partizipation und Smart City. Auf der Grundlage seiner Erfahrungen gibt er vier wichtige Praxistipps.

Bei der Einführung einer digitalen Partizipationsplattform ist darauf zu achten, dass sowohl informelle als auch formelle Beteiligungsformen durchgängig umgesetzt werden. Dazu zählen das Einholen von Projektideen über Crowd-Sourcing, aber auch formelle Mitwirkungsprozesse wie öffentliche Mitwirkungen bei Raumplanungs- und Raumentwicklungsprozessen. Abhängig davon, ob es sich um einen formellen oder informellen Mitwirkungsprozess handelt, muss die digitale Mitwirkung unterschiedlich aufgesetzt sein. So ist es beispielsweise bei einer formellen Mitwirkung häufig erforderlich, Rückmeldungen strukturiert zu einem Dokument oder auf einem Plan zu erfassen, während bei einer informellen Beteiligung der Community-Aspekt wichtiger ist.

Häufig wird bei der Planung von Mitwirkungsplattformen der Fokus vollständig auf die Bevölkerung, das heisst auf Privatpersonen gelegt. Obwohl dies eine sehr wichtige Nutzergruppe darstellt, stellt sich in der Praxis heraus, dass neben der Bevölkerung sich auch Organisationen (z.B. Parteien, Verbände oder Interessensgruppen) an politischen Vorhaben beteiligen wollen. Ebenso ist die verwaltungsinterne Partizipation zu berücksichtigten. Die Plattform muss sämtlichen Nutzergruppen einen Mehrwert bieten. Nur so kann eine hohe Akzeptanz von digitalen Beteiligungsformaten erreicht werden.

Wie bringe ich die Anspruchsgruppen dazu, sich digital zu beteiligen? Erfahrungen zeigen, dass die Aktivierung der Teilnehmenden häufig über das persönliche Interesse oder die persönliche Betroffenheit erfolgt. Bei der Konzeption von Partizipationsplattformen wird häufig der Fokus zu stark auf eine ausgebaute Startseite gelegt. In der Realität findet die Aktivierung jedoch meistens über die begleitende Kommunikation zum jeweiligen Vorhaben statt, d.h. der Einstieg erfolgt über das einzelne Beteiligungsprojekt. Folglich stellt die Vorhabenskommunikation einen wichtigen Erfolgsfaktor für die Aktivierung dar.

«Werkzeuge funktionieren immer nur so gut, wie die Handwerkerin bzw. der Handwerker diese nutzt», so die Aussage von Christian Geiger, CDO der Stadt St. Gallen. Es ist deshalb wichtig, innerhalb der Verwaltung eine Partizipationskultur und die Strukturen für partizipative Prozesse zu schaffen. Dazu zählen beispielsweise das Bestimmen von internen Ansprechpersonen und das Etablieren eines abteilungsübergreifenden Austausches über die Erfahrungen und Möglichkeiten von digitaler Partizipation innerhalb der Verwaltung.

Checkliste zur Evaluation einer digitalen Partizipationsplattform
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Checkliste zur Evaluation einer digitalen Partizipationsplattform

Die speziell für öffentliche Verwaltungen entwickelte Checkliste für die Beschaffung einer Partizipations- und Mitwirkungsplattform enthält über 50 Kriterien, welche gemeinsam mit Schweizer Gemeinden, Städten und Kantonen entwickelt wurde.

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E-Partizipation am Beispiel der Smart City St. Gallen

In der Schweiz setzen bereits mehrere Städte auf E-Partizipation und eine digitale Partizipations- und Mitwirkungsplattform. Eine davon ist St. Gallen. 2020 verabschiedete der Stadtrat ein Partizipationsreglement, auf dessen Basis die E-Partizipation forciert wurde. Die Gründe, vermehrt auf die digitale Partizipation zu setzen, waren:

  • Frühzeitiger Einbezug der Bevölkerung in die politischen Prozesse.
  • Einholen von neuen Ideen.
  • Frühzeitige Evaluation von Stärken und Schwächen in Planungsvorhaben.
  • Effizientes Durchführen von gesetzlichen Vernehmlassungen.

Schon bald, nachdem die Plattform für die Bevölkerung etabliert worden war, zeichnete sich innerhalb der Verwaltung ein Bedürfnis für die verwaltungsinterne Partizipation statt – so zum Beispiel, um verschiedene Abteilungen in Vorhaben einzubeziehen.

Partizipationsplattform Stadt St.Gallen
Über die Partizipationsplattform der Stadt St. Gallen können u.A. Ideen für ein ökologischeres Stadtleben wie hier bei der City Challenge 2021 erfasst und bewertet werden.

Seit der Einführung der Mitwirkungsplattform hat die Stadt St. Gallen bereits eine grosse Zahl von informellen und formellen Partizipationsprozessen durchgeführt, so ein Brainstorming zum Digitaltag, eine Textbeteiligung zur Altersstrategie, eine Kartenbeteiligung zu einer Sondernutzungsplanung oder die Abstimmung zur Musikrichtung an der JungbürgerInnen-Feier. Die Stadt St. Gallen setzt wie andere Smart Citys, darunter auch die Städte Thun, Wil oder Aarau, auf die Schweizer Mitwirkungsplattform «E-Mitwirkung».

Für Christian Geiger, Chief Digital Officer der Ostschweizer Stadt, waren vor allem die Durchgängigkeit von informellen und formellen Beteiligungsprozessen, die laufende Weiterentwicklung der Plattform mit der Kunden-Community sowie der Open-Government-Data-Ansatz wichtige Faktoren, sich für die Schweizer Standardlösung zu entscheiden.

Mit der E-Mitwirkung als zentrale Partizipationsplattform in der Stadt St.Gallen können wir sowohl öffentliche als auch interne Partizipationsprozesse effizient umsetzen.

Dr. Christian Geiger
Chief Digital Officer, Stadt St.Gallen
Dr. Christian Geiger

Smart People und Smart Government

Das Beispiel der Stadt St. Gallen zeigt: Der Einsatz von E-Partizipation schafft Vorteile für verschiedene Anspruchsgruppen und vereinfacht Prozesse. Durch effizientere Verwaltungsprozesse und einen besseren Dialog wie auch durch den Einbezug der Anspruchsgruppen werden sowohl die Smart-City-Handlungsfelder «Smart People» als auch «Smart Government» gestützt.

Über Smart City

Smart City ist ein Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, ökologischer und sozial inklusiver zu gestalten. Die Handlungsfelder von Smart City können dabei in sechs Themenfelder gegliedert werden: «Smart Government», «Smart Economy», «Smart Environment», «Smart Living», «Smart Mobility» und «Smart People».

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