Digitale Mitwirkungsprozesse gestalten

Die Mitwirkung im Richtplanverfahren sichert den Informationsfluss zwischen Planungsträgern und Betroffenen. In der Regel besteht sie aus einer Behördenanhörung und einer öffentlichen Planauflage. Das Amt für Raumentwicklung führt den Mitwirkungsprozess für den Richtplan in die digitale Zukunft.

Das Gegenstromprinzip ist ein zentrales Grundprinzip in der Raumplanung. Damit ist die wechselseitige Abstimmung der überregionalen, regionalen und lokalen Planungen gemeint. Einerseits sollen die in den übergeordneten räumlichen Planungen verankerten Ziele und Vorgaben auf lokaler Ebene beachtet und eingehalten werden; andererseits ist es wichtig, dass im Gegenzug die örtlichen Gegebenheiten und Anliegen auf übergeordneter Planungsebene Gehör finden und mitbedacht werden.

Revisionen des kantonalen Richtplans

Im Bereich der kantonalen Richtplanung ist der Mitwirkungsprozess in § 7 des Planungs- und Baugesetzes geregelt. Bei Anpassungen des kantonalen Richtplans sind die nach- und nebengeordneten Planungsträger anzuhören. Die Regionen, die Gemeinden und die Nachbarkantone können währen dieser «Anhörung» auch eigene Anträge einbringen. Alle Richtplananpassungen sind mindestens 60 Tage öffentlich aufzulegen. Während der «öffentlichen Auflage» kann sich jeder Verband oder Verein, jedes Unternehmen und jede Privatperson zu dieser Vorlage äussern.

Mitwirkungen und Vernehmlassungen

Dieser Mitwirkungsprozess bei Planungen ist vergleichbar mit einer Vernehmlassung bei Rechtsetzungsprojekten. Die beiden Prozesse unterscheiden sich nur in Nuancen. Die Stellungnahmen werden bei Mitwirkungsprozessen in der Planung als «Einwendungen» bezeichnet. Alle Einwendungen fliessen in einen Auswertungsbericht ein, der zusammen mit der überarbeiteten Vorlage von der Regierung und im Kanton Zürich anschliessend auch vom Kantonsrat beraten wird.

Ziel der Mitwirkung ist es, Wissenslücken zu den örtlichen Gegebenheiten zu schliessen, die Einschätzung der Betroffenen eines Vorhabens in Erfahrung zu bringen sowie berechtigte Anliegen soweit wie möglich aufzunehmen. Gerade bei Einrichtungen, die an einen bestimmten Standort gebunden sind (z.B. ein Gefängnis oder ein Spital), ist die Zahl der Alternativstandorte begrenzt. Es gibt jedoch fast immer Spielräume, z.B. bei der genauen Situierung, der Dimensionierung oder der Erschliessung der Bauten. Diese Spielräume können im eingangs erwähnten Gegenstromprinzip gemeinsam ausgelotet werden.

Ziel der Mitwirkung ist es, Wissenslücken zu den örtlichen Gegebenheiten zu schliessen, die Einschätzung der Betroffenen eines Vorhabens in Erfahrung zu bringen sowie berechtigte Anliegen soweit wie möglich aufzunehmen.

Michael Landolt
Raumplaner, Amt für Raumentwicklung Kanton Zürich
Michael Landolt

Weg vom Papier

Die Durchführung eines Mitwirkungsprozesses für die Richtplanteilrevisionen ist arbeitsintensiv, sowohl für die verfahrensführende Stelle als auch die Vernehmlassungsteilnehmenden. Nur rund 30% aller Teilnehmenden wählen gegenwärtig den Weg über das zur Verfügung gestellte elektronische Eingabeformular. Fast 70% der Stellungnahmen gelangen auf schriftlich-postalischem Weg ins Amt für Raumentwicklung. Die Stellungnahmen bestehen sowohl aus allgemeinen Bemerkungen und Hinweisen als auch aus konkreten Anträgen mit Begründungen. Nicht immer wird deutlich, was genau beantragt wird.

Die schriftlich-postalischen Stellungnahmen müssen gescannt und manuell in eine Datenbank übertragen werden. Auch wenn die Stellungnahmen in der Datenbank erfasst sind, ist deren Auswertung aufwendig. Verschiedene Medienbrüche machen die Verarbeitung bis zum Auswertungsbericht anspruchsvoll und anfällig für Fehler.

Die Stellungnahmen können mit der neuen, zentralen Plattform kollaborativ ausgewertet und nachbearbeitet werden.

Hin zu digitalen Prozessen

Die Einholung der Stellungnahmen und Auswertung der Anträge im beschriebenen Feedbackprozess wird in Zukunft dank der neuen Webapplikation für elektronische Vernehmlassungen effizienter gestaltet. Die digitale Lösung basiert auf der schweizweit bewährten «E-Mitwirkung», einer Standardlösung für digitale Mitwirkungsverfahren in Gemeinden, Städten und Kantonen. Die Unterlagen und Formulare müssen nicht mehr heruntergeladen werden, Rückmeldungen können durch die Vernehmlassungsteilnehmenden direkt im Browser einfach, sicher und verbindlich in einer Eingabemaske ausgefüllt werden. Der Richtplantext, die Erläuterungen zum Text und die Richtplankarte werden für jedes neue oder angepasste Richtplanvorhaben zugänglich gemacht.

Neben dem vereinfachten Auswertungsprozess bietet die digitale Lösung auch für den Vernehmlassungsteilnehmenden grosse Vorteile: Das erarbeiten der Stellungnahme kann kollaborativ über eine Teamfunktion durchgeführt werden. Die Stellungnahme kann jederzeit weiterbearbeitet werden. Nach dem papierlosen Übermitteln erhält der Absender oder die Absenderin eine Kopie ihrer Stellungnahme. Die Teilnehmenden können auch entscheiden, ob die Stellungnahme anderen zur Verfügung gestellt werden soll. So werden Sammelanträge und Verweise auf andere Stellungnahmen möglich.

Bestehende Prozesse transformieren

Ziel ist es, dass dank des nutzerfreundlichen Eingabeprozesses und der hilfreichen Zusatzfunktionen künftig mindestens 8 von 10 Stellungnahmen über die Webplattform eingehen. Dies erleichtert die Auswertung massgeblich und verringert das Risiko von Fehlinterpretationen bei der Bearbeitung der Einwendungen. Die verfahrensführende Stelle kann die digital eingereichten Stellungnahmen sichten, kommentieren und bewerten. Über eine Beurteilungsfunktion kann sie auch andere Direktionen und Ämter in den Bearbeitungsprozess einbinden. Der Auswertungsprozess wird dabei laufend dokumentiert. Ganz am Schluss können alle Anträge und Beurteilungen zuhanden des Auswertungsberichts in ein Textverarbeitungsprogramm exportiert werden.

Mit der digitalen Gesamtlösungen können wir die Durchführung und Auswertung einer Mitwirkung effizienter gestalten und einen zusätzlichen Mehrwert für die Teilnehmenden anbieten.

Stefan Wiederkehr
Projektleiter eVernehmlassungenARE, Kanton Zürich

Gegenstromprinzip stärken

Der Auswertungsprozess kann mit der neuen Webapplikation wesentlich effizienter und transparenter erfolgen. Der Mitwirkungsprozess gewinnt als Ganzes, da die Anliegen der Anspruchsgruppen strukturierter ermittelt und breiter beurteilt werden können. Dadurch wird das angesprochene Gegenstromprinzip in der Planung gestärkt. Die neue Applikation hilft bei der Kommunikation zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen und dem Kanton. Der Auswertungsbericht zur Mitwirkung ergänzt die notwendigen Abwägungs- und Entscheidungsgrundlagen für die Politik.

Wir freuen uns, wenn das Projekt «eVernehmlassungenARE» dazu beiträgt, den für unsere Demokratie so wichtigen Mitwirkungsprozess in die digitale Zukunft zu führen.

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